Maria Moser
Abstrakte Expressionistin
wurde 1948 in Frankenburg, Oberösterreich, geboren;
Von 1968 bis 1973 studierte sie an der Akademie der bildenden Künste in Wien;
1973 Diplom für Malerei;
1974/75 Ägyptenstipendium;
Sie lebt als freischaffende Künstlerin in Frankenburg.
Maria Mosers Malerei ist im Abstrakt-Expressionistischen zu verorten, eine Bildsprache, die für ein großes Maß an Freiheit für die Malerei steht. Persönlicher Ausdruck, unmittelbares Entladen der eigenen körperbezogenen Gestik in einer mehr oder weniger ungegenständlichen Formengestaltung stehen hierbei im Zentrum. Diese Formel fand in der US-Nachkriegsmalerei der 1940er- und 1950er-Jahre ihre Basis und gilt als eine der prägendsten und erfolgreichsten Strömungen der Moderne. Bis heute sind immer wieder ihre Spuren aufzufinden, wie eben auch in Maria Mosers Malerei.
Trotz all der malerischen Autonomie sind die Bilder an die Wirklichkeit, an das Leben gebunden. Die Geburtsstätte von Maria Mosers Bildern ist die ehemalige Schlossereiwerkstätte ihres Vaters im oberösterreichischen Frankenburg. Das Schmieden und Hämmern, das flüssig glühende Eisen, gewalzte Bleche, Röhren und Traversen sind relevante Impulsgeber. Maria Moser verbindet den Prozess des Schmiedens mit dem Werden der Malerei. Das Bild durchläuft unterschiedliche Aggregatzustände vom gasförmigen Atmosphärischen übe das Flüssige bis hin zum erkalteten Festen, Massiven. All diese Zustände sind oft in ein und demselben Gemälde vereint. Die Malerei wirkt dynamisch, offen, in ständiger Bewegung. Blaue Farbmassen peitschen wässrig hin und her, zarte Rinnsale benetzen die Leinwand im Arbeitsvorgang horizontal auf den Boden gelegt und wird von den expressiven Spuren der Malerin bedeckt. Hier ist sie noch Feld, Sedimentationsfläche der geschütteten und gestrichenen Spuren. Im Vertikalen wird die Leinwand schließlich zum Bild, erfährt Räumlichkeit, wird zum abstrakten Fenster in die malerische Welt. Die massiven Pinselstriche und gestischen Spritzer verbinden sich zu einem komplexen Bildraum, der rein aus der Malerei entwickelt ist und sich von einem naturbezogenen Raumgefüge distanziert. Das Primat der Fläche ist hier hervorzuheben; aus dem malerischen Farbfeld entsteht die optisch illusionistische Dreidimensionalität. Es sind aber keine lyrisch-sanften Bilderfahrungen, sondern impulsive Seheindrücke, wenn wir vor den monumentalen Gemälden von Maria Moser stehen. Die heftigen Pinselstriche verformen sich zu abstrakten Zeichen mit Stoßkraft. Sie attackieren uns, als ob ein Gewitter über uns hereinbrechen oder ein Blitz vor uns einschlagen würde. Richard Shiff hat dieses Phänomen im Kontext abstrakt expressionistischer Bilder der US-amerikanischen Kunst als „Blitzeffekt“ bezeichnet: Ein gewaltiger Blitzschlag zeigt an, dass irgendetwas Bedeutsames passiert ist, auch wenn wir vielleicht nicht genau wissen, was.“ Shiff verweist auf die emotionale Energie der heroisch anmutenden Werke von Jackson Pollock oder Franz Kline, die wir empfangen. In diesem optischen Donnerschlag liegt auch die Kraft des Moser’schen Bildkosmos.
Der Abstrakte Expressionismus ist an sich männlich etikettiert. Die großen US-amerikanischen Action-Painter, allen voran Pollock mit seinen Drippings, markierten ihr Terrain mit intensivem Körpereinsatz auf der Leinwand. Im europäischen Informel war es kaum anders: in Frankreich Pierre Soulages und Georges Matthieu, in Deutschland Hans Hartung, in Österreich Arnulf Rainer und Markus Prachensky. Jedoch sei auf die US-amerikanischen Abstrakten Expressionistinnen, allen voran Joan Mitchell, Helen Frankenthaler oder Lee Krasner verwiesen und auf deren virulenten Stellenwert im Kontext der Nachkriegsavantgarde. So war Frankenthaler federführend im Bereich des Colorfield Paintings, lyrische Kompositionen im dünnflüssigen Farbauftrag als pulsierende Farbschleier. In Österreich malte Maria Lassnig informelle Kompositionen zeitgleich mit Rainer Anfang der 1950er-Jahre und schuf sensible abstrakte Kompositionen als Body Awareness Paintings um 1960. Kiki Kogelniks Frühwerk ist ebenso informell gehalten, bevor es in eine Pop-Art-Sprache gewechselt hat. In den 1980er-Jahren, als Maria Moser zu ihrem abstrakt expressionistischen Stil fand, herrschte allerdings in der Malerei die wilde Figuration vor – ebenfalls dominiert von Malern wie Siegfried Anzinger und Hubert Schmalix. Parallel dazu lief eine abstrakt gestische Schiene. Diese neue malerische Abstraktion vereinte Herbert Brandl, Hubert Scheibl, Erwin Bohatsch und Walter Vopava – in den 1980er-Jahren noch expressiv, pastos, in der Folge feinmalerisch. Schließlich ist Martha Jungwirth zu erwähnen, die ähnlich wie Maria Moser eine eigen Bildsprache im Gestisch-Abstrakten gefunden hat und diese bis heute verfolgt. Jungwirths figurativ-schrille Phase aus den Zeiten der Wirklichkeiten um 1970 legte sich in den 1980er-Jahren zugunsten einer reinmalerisch körperbezogenen Gestikulation auf der Bildfläche, eine virtuos-sinnliche Fleckenmalerei mit Gegenstandsbezug zu Figur und Landschaft.
Maria Mosers Gemälde sind schlussendlich Zeugnisse einer authentisch emotionalen Malerei mit vitaler Kraft und Hingabe an das Tafelbild.
Florian Steininger, 2019